Verkehrssicherungspflicht für Baumhalter

Die Notwendigkeit für Gemeinden und andere Grundeigentümer, jährliche Baumkontrollen durchzuführen, ergibt sich nach der ständigen Rechtssprechung aus der so genannten Verkehrssicherungspflicht nach § 1319 ABGB:

Wird durch Einsturz oder Ablösung von Teilen eines Gebäudes oder eines anderen auf einem Grundstück aufgeführten Werkes jemand verletzt oder sonst ein Schaden verursacht, so ist der Besitzer des Gebäudes oder Werkes zum Ersatze verpflichtet, wenn die Ereignung die Folge der mangelhaften Beschaffenheit des Werkes ist und er nicht beweist, daß er alle zur Abwendung der Gefahr erforderliche Sorgfalt angewendet habe.

Dieser Paragraph (und der darauf folgende § 1319a ABGB) wird von der ständigen Rechtsprechung auch auf Bäume angewendet. Es kommt also zu einer Beweislastumkehr für den „Baumhalter“: man muss im Schadensfall beweisen, dass man den Baum regelmäßig kontrolliert hat, und wenn nötig auch entsprechende Schnittmaßnahmen usw. getroffen hat, um für die Verkehrssicherheit des Baumes zu sorgen.

In der Praxis wird diese Aufgabe von vielen Gemeinden und anderen großen Baumhaltern (also meistens Grundstückseigentümern) an Baumkontrolleure delegiert, die den Zustand der Bäume dokumentieren (häufig in so genannten Baumkatastern) und gegebenenfalls Pflegemaßnahmen unter Angabe von deren zeitlicher Dringlichkeit anordnen (oder, je nach Vertrag mit dem Baumhalter, selbst durchführen).

Im Wald gelten übrigens aufgrund des dort geltenden Forstgesetzes andere Regeln; dem Waldbesucher wird aufgrund der prinzipiellen Möglichkeit, jeden Wald uneingeschränkt zu betreten, und der dort generell weniger kontrollierbaren Natur mehr Eigenverantwortung abverlangt, wenn er sich abseits öffentlicher Wege und Straßen aufhält (§ 176 ForstG).

Literatur:

Vortrag „Bäume — Anforderungen an die Verkehrssicherungspflicht“ von Gunther Nikodem, 7.12.2012
Vortrag „Grenzen der Baumhaftung“ von Univ.-Prof. Dr. Ferdinand Kerschner beim 16. Linzer Baumforum, 28.1.2014



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